Bruce Nauman Performance Video Corridors

Subjekt und Medium in der Kunst der Moderne. Delacroix – Fontana – Nauman

in: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, 46/2, 2001, S. 227-254.

Kapitel IV: Bruce Nauman

Die Betrachtung Bruce Naumans erlaubt es, an der Reflexivität künstlerischer Praxis eine weitere Dimension zur Sprache zu bringen: diejenige der Selbstreflexion als Selbstbeobachtung. Sie spielte bereits bei der Analyse von Delacroix‘ Journal eine Rolle; bei Nauman jedoch wird sie zum produktiven Programm seiner Kunst.

Zu den frühesten Arbeiten seines Werks gehören solche, in denen die romantische Konzeption des Künstlers als Ursprung und Quelle aufgegriffen wird, um sie ironisch zu brechen. Hierzu zählt z.B. eine Neon-Arbeit von 1967, die Nauman ins Fenster seines Ateliers hängte, und die er Werbesigneten nachbildete, wie sie in amerikanischen Schaufenstern üblich sind (Abb. 3). Die Leuchtschrift wirbt für den Künstler mit dem Satz: „The true artist helps the world by revealing mystic truths“ – „Der wahre Künstler hilft der Welt durch das Enthüllen mystischer Wahrheiten“. Die ironische Brechung erfolgt allerdings nicht nur durch die Werbeästhetik, sondern zugleich durch die Anordnung des wortspielartigen Satzes, welche die Wörter „true“ und „truth“ direkt übereinanderstellt. So springt die Frage nach der ‚Wahrheit‘ stets an ihren Ursprung, den ‚wahren Künstler‘, zurück. Die Spirale, die eigentlich von innen nach außen verläuft, wird zum Zirkel. Die beiden Schlüsselwörter verweisen unablässig aufeinander und lassen damit die Selbstwerbung ins Leere laufen. Ein anderes Beispiel ist die Photoarbeit Selfportrait as a Fountain von 1966/67 (Abb. 4). Hier bedient sich Nauman der Stillstellung der Photographie, um vorzugeben, er könne wie ein Brunnen unaufhörlich Wasser spenden. Daß es sich um eine ironische Maskerade handelt, verdeutlicht nicht nur das Offensichtliche der ‚Fälschung‘, sondern auch der Umstand, daß das ‚Selbst als Quelle‘ zum Wasserspeier wird.

Naumans Arbeiten der 60er und frühen 70er Jahre präsentieren eine „Reduktionsform der Subjektivität“, d.h. Subjektivität erscheint hier auf ihren Grund zurückgeführt. Rückblickend schildert er seine damalige Situation folgendermaßen: „Als ich von der Universität kam […], hatte [ich] keinerlei Umfeld für meine Kunst […], es gab keine Kontakte, keine Gelegenheit, jemandem zu erzählen, was ich Tag für Tag tat, keine Gelegenheit, über meine Arbeit zu sprechen. Und vieles, was ich tat, machte keinen Sinn, also hörte ich damit auf.“ In diesem krisenhaften Augenblick geht Nauman an den Nullpunkt künstlerischer Tätigkeit zurück. „Im Atelier“, fährt er fort, „war ich auf mich selbst gestellt. Das warf dann die grundlegende Frage auf, was ein Künstler tut, wenn er im Atelier ganz auf sich selbst gestellt ist. Ich folgerte also, daß ich ein Künstler in einem Atelier war und daß demnach alles, was ich dort tat, Kunst sein mußte. Was tatsächlich ablief, war, daß ich Kaffee trank und hin- und herging. Die Frage kam dann auf, wie ich diese Aktivitäten strukturieren konnte, so daß sie Kunst werden oder eine andere Art von geschlossener Einheit, die anderen Menschen zugänglich gemacht werden könnte. An diesem Punkt rückte die Kunst als Tätigkeit gegenüber der Kunst als Produkt in den Vordergrund. Das Produkt ist nicht wichtig für das eigene Bewußtsein.“

Fast scheint es, als wäre Nauman 1966 in seinem Atelier in einen Zustand verfallen, den Delacroix als ‚ennui‘ beschrieben hätte. Nauman fehlen das Ziel, die Mittel und die Veranlassung, Kunst zu machen. Das Atelier wird zum leeren Raum, wo es nichts zu tun gibt, keine Arbeit und keine Verpflichtung. Nur etwas stört den Müßiggang, der sich hier ausbreiten könnte: Naumans Überzeugung, daß er ein Künstler sei, der folglich unmöglich in Sprachlosigkeit verharren könne. Daß das ‚Produzieren‘ einen Ausweg aus dem ‚ennui‘ weist, war schon Delacroix aufgegangen. Nauman findet dieselbe Antwort, doch er gibt dem ‚Produzieren‘ eine überraschende, reflexive Wendung, welche die Dynamik der Produktivität selbst hervortreten läßt. Was bei Delacroix erst keimhaft angelegt ist, entfaltet sich hier, am anderen Ende der Moderne, zum Prinzip der Kunst. Nauman umgeht das Ausdrucksproblem, indem er nicht nach einem Inhalt sucht, den es auszudrücken gälte, sondern die Situation, in der er sich befindet, als solche zum Inhalt macht. Das ‚Hin- und Hergehen‘ im Atelier wird zum Gegenstand des künstlerischen Tuns. Auf diese Weise gelingt es, den Anspruch zu durchqueren, Ursprung des eigenen Tuns zu sein – und damit auch, den ‚ennui‘, die verstörende Einsicht in die Leere des Ich, zu durchbrechen. Die Wendung setzt allerdings voraus, die Vorstellung eines geschlossenen Ich, das die Einheit der Erfahrung und der Artikulation gewährleistet, aufzugeben und das Selbst in der Spannung von Körper, Identität, Inszenierung, Geste, Artikulation und Form zu begreifen. „Ein Bewußtsein seiner selbst“, sagt Nauman, „gewinnt man nur durch ein gewisses Maß an Aktivität und nicht, indem man nur über sich nachdenkt. Man macht Übungen, trainiert, wird sich des eigenen Körpers bewußt. Das passiert nicht, wenn man Bücher liest.“

Mit dieser Einsicht beginnt Nauman Performances zu entwickeln, die er, allein im Atelier, an und mit sich durchführt und als Film oder Videoband aufzeichnet. Sie oszillieren dabei zwischen dem Tun und dem Beobachten des Tuns. Während der Körper wie ein „Stück Material“ benutzt wird, wird die Kamera gleichsam subjektiviert, indem sie nicht nur als Aufzeichnungsgerät dient, sondern zugleich als ein nach außen verlegtes Auge, mit dem er sich selbst zusehen kann und für das er sich inszeniert. So werden die Performances zu einer Möglichkeit, mit sich selbst zu ’spielen‘. Nauman entwirft zunächst eine Regel, an die er sich in der Ausführung so lange hält, bis „das wirkliche Leben einschreitet“, die Aktion abgebrochen oder die Regeln geändert werden müssen. Im Performance-Film Violin Tuned D E A D wandert er im Atelier herum und spielt so schnell wie möglich nacheinander auf den vier Saiten einer Geige. Das stellte eine besondere körperliche Anstrengung dar, da Nauman dieses Instrument gar nicht spielen konnte und seine Glieder rasch zu schmerzen begannen. Es standen zehn Minuten Film zur Verfügung, und so lange sollte der Film auch werden. Doch nach sieben Minuten mußte er unterbrechen, bevor er den Film schließlich zu Ende drehen konnte.

In einem anderen Performance-Film, Bouncing Two Balls between the Floor and Ceiling with Changing Rhythms, schlägt Nauman gleichzeitig zwei Bälle an den Boden und die Decke und versuchte dabei, einen bestimmten Rhythmus einzuhalten (Abb. 6). Die Bälle sollten z.B. einmal den Boden und einmal die Decke berühren, um dann gefangen zu werden, oder zweimal den Boden und einmal die Decke, usw. „An einem bestimmten Punkt“, so Nauman, „sprangen beide Bälle hin und her, und ich rannte die ganze Zeit herum und versuchte, sie zu fangen. Manchmal landeten sie auf etwas, das am Boden lag, oder an der Decke, und dann sprangen sie in die Ecke und stießen zusammen. Schließlich konnte ich keinem von beiden mehr folgen. Ich nahm einen Ball auf und warf ihn einfach an die Wand. Ich war wirklich wütend […], weil ich die Kontrolle über das Spiel verlor. Ich hatte versucht, einen bestimmten Rhythmus einzuhalten […], und als ich aus ihm heraus kam, beendete das den Film.“

Statt ein Produkt herzustellen, versucht Nauman einen Prozeß einzuleiten, der das Produkt in der Schwebe hält. Nauman agiert zugleich als Entwerfer und Ausführender des Spiels, wobei der eine dem anderen die Aufgabe schwer macht. Die aufgezeichneten Vorgänge sind banal und letztlich auch ohne Belang: Laufen, Ballspielen, rhythmisches Stampfen, Geige spielen usw. Sie bilden keinesfalls den Inhalt oder den Zweck der Performances, sondern das Mittel, eine Struktur zu inszenieren. Entscheidend an dieser sind zum einen die serielle, auf jede Expressivität verzichtende Bewegungsabfolge, zum anderen die Zweiteilung, zunächst ein quasi choreographisches Konzept zu entwerfen, um sich diesem dann solange zu unterwerfen, bis Konzept und Ausführung kollidieren. Die Performances entfesseln die Dialektik von Identität und Depersonalisierung, Freiheit und Zwang, Zufall und Kontrolle, Serialität und Unterbrechung, spielerischem ‚play‘ und hartem ‚game‘. Nauman spielt das Spiel und wird zugleich von ihm gespielt. Die Kunst begreift Nauman dabei als „Instrument“, „mit dem man sich eine Aktivität des Erforschens aneignen kann“. Naumans Erforschung richtet sich auf das Auseinandertreten des Ich in verschiedene Rollen und Perspektiven, was jedoch nicht nur Entfremdung erzeugt, sondern zugleich, wie Nauman sagt, „ein Bewußtsein seiner selbst“. Auf diese Weise exponieren sie das Paradox, daß das Subjekt sich unterwerfen muß, um Subjekt werden zu können, so wie es in der Etymologie des Wortes – ’subjectus‘ ist der Untertan – bereits angelegt ist. Naumans Pointe besteht allerdings darin, sich einem selbst entworfenen, frei gewählten Zwang zu unterwerfen, was den Performancefilmen eine Beckettsche Komik verleiht. Indem es sich selbst zum Sujet wird, erhält das Subjekt ein Stück Souveränität zurück.

Als sich Nauman die Frage stellte, wie er diese Konzeption für andere öffnen könnte, entwickelte er die Werkgruppe der Corridors. Dabei handelt es sich um mehr oder weniger geschlossene, aus Brettern und Latten gezimmerte Räume innerhalb eines bestehenden Raumes. Sie sind installative, skulpturale Werke und zugleich Versuchsanordnungen, in denen der Betrachter – oder eher: Benutzer – auf einen Parcours geschickt wird, so wie es Nauman in den Performances mit sich selbst tat. Die Arbeiten sind zwar insofern ‚offene Kunstwerke‘, als sie erst durch den Benutzer vervollständigt werden, doch ist dieser im Umgang mit den Werken keineswegs frei, sondern wird einer rigiden Kontrolle unterworfen. Nauman liegt daran, ihn einer genau kalkulierten, eingegrenzten Erfahrung auszusetzen. Die Corridors affizieren die psychophysische Sensorik auf verschiedene Weise, durch den Entzug vertrauter Weite, durch geräuschdämmende Wände und ungewöhnliches Licht, die zusammengenommen einen Effekt der Unausweichlichkeit erzeugen.

In einer der ersten Arbeiten dieses Typs, Corridor Installation von 1970, zimmert Nauman ein Gehäuse mit sechs oben offenen Gängen verschiedener Breite (Abb. 7). Die Hälfte derselben ist zum Betreten zu schmal. In einem der Gänge, der gerade ausreichend Platz für eine Person bietet, sind am Ende zwei Monitore übereinandergestellt, die beide das Bild des leeren Gangs zeigen. Dringt man zu ihnen vor, wird man nach etwa einem Viertel des Weges von einer Kamera über dem Eingang des Gangs erfaßt und erscheint gleichzeitig, da es sich um eine Closed-Circuit-Schleife handelt, auf dem oberen Monitor – allerdings aufgrund der Kameraposition von oben und von hinten gesehen. Erst mit Verzögerung und nur mit Hilfe überprüfenden Gestikulierens wird offenbar, daß der Monitor keinen unabhängigen Anderen zeigt, sondern die verkehrte Sicht auf sich selbst. Im Unterschied zur gestikulierenden fällt die visuelle Selbstidentifizierung schwer. Denn man wird, je näher man dem Monitor kommt, desto kleiner im Bild, da man sich gleichzeitig von der Kamera wegbewegt. Wenn man sich dann instinktiv umwendet und in die Kamera blickt, erscheint man auf dem Monitor zwar in Frontalansicht, kann dies aber nicht sehen, da dieser jetzt im Rücken liegt. So erzeugt das rekursive Kamera-Monitor-System einen ‚Spiegel‘, der die Selbstbegegnung im gleichen Zuge ermöglicht und verweigert. Währenddessen zeigt der untere Monitor unablässig das gleichbleibende Bild des leeren Korridors, das von einem vorab aufgenommenen Band eingespielt wird.

Wer den Gang betritt, provoziert eine doppelte Störung. Nicht nur dezentriert sich sein Selbst, sondern er bricht zugleich die harmonische Symmetrie auf, die bis zu seinem Eindringen zwischen den beiden Monitorbildern des leeren Raumes sowie zwischen den Bildern und dem leeren Raum selbst bestand. Erst wenn wir den Korridor verlassen und unser Doppelgänger aus dem oberen Monitor wieder verschwindet, wird die erschöpfte und zugleich gespannte Ruhe in den sich selbst bespiegelnden Raum zurückkehren. Nauman, der Subjektivität als Kontaktgrenze von Körper und Raum begreift, erzeugt in Corridor Installation deren wechselseitige Durchdringung. Das Subjekt wird verräumlicht, indem sowohl die Außen- und Innenperspektiven wie auch Sehen und Bewegen, visuelle und motorische Information, auseinanderzulaufen beginnen. Gleichzeitig aber wird der Raum subjektiviert, so als hätte er selbst einen ‚Blick‘ und eine ‚Psyche‘, denen man ausgesetzt wird. Was damit gemeint ist, mag eine nur wenig ältere Arbeit verdeutlichen. Get Out of My Mind, Get Out of This Room heißt eine Rauminstallation von 1968, die lediglich aus einer nackten weißen Raumschachtel besteht. Sie empfängt den Eintretenden mit der Forderung, die der Arbeit ihren Titel gibt: „Geh mir aus dem Sinn, geh raus aus diesem Raum.“ Die Forderung, die Nauman in unterschiedlichsten Tonlagen, Geschwindigkeiten und Betonungen spricht, schreit und flüstert, dringt in Endlosschleife aus Lautsprechern, die unsichtbar in die Wand des Raumes eingelassen sind.

Die Installationen erzeugen einen ‚double bind‘-Effekt: Der Betrachter wird ebenso adressiert wie ausgestoßen. Es beschleicht einen die Ahnung, daß das Naumansche ‚Spiel‘ immer dann aufgeht, wenn ein ebenso ungreifbarer wie irritierender Rest bleibt. Indessen besteht das Erstaunliche darin, daß die Erfahrung ausbleibender Selbstbestätigung in der Begegnung mit dem Kunstwerk keineswegs nur frustrierend ist. Der verbleibende Rest verweist darauf, daß es Nauman letztlich nicht darum geht, das Verstehen scheitern zu lassen – das wäre ein ‚restloses‘ Ergebnis –, sondern daß er darauf abzielt, ein nicht zu Ende zu bringendes Spiel zwischen einander ausschließenden Verstehensvollzügen zu eröffnen. Die konkrete psychophysische Erfahrung und das reflexiv zu gewinnende Wissen halten sich gegenseitig in Schach, so daß weder die negative Erfahrung (qua Mißlingen, Spaltung, Ausgestoßensein) noch das positive Wissen (qua Aufdecken der ‚Maschinerie‘ der Installation oder qua Selbsterkenntnis) triumphieren. „Wenn man merkte“, so beschreibt Nauman diesen Effekt am Beispiel der Corridor Installation, „daß man auf dem Bildschirm war, empfand man das Weitergehen im Korridor, als würde man über eine Klippe treten oder in ein Loch hinein. […] Man wußte genau, wie das zustande kam, weil man das ganze Equipment und was es machte, sehen konnte. Aber jedesmal, wenn man wieder in den Korridor hineinging, machte man dieselbe Erfahrung. Man konnte ihr nicht aus dem Wege gehen.“ So läßt Corridor Installation eine unaufhebbare Spannung entstehen zwischen einem Sinn, der von der konkreten Arbeit ablösbar scheint – und den die Nauman-Literatur je nachdem anthropologisch, politisch, moralisch oder aufklärerisch auffaßt – und der Materialität, an die der Sinn zurückgebunden bleibt – wobei unter Materialität alle von Nauman eingesetzten Komponenten zu verstehen sind, also die Aufbauten, das Licht, die Closed-Circuit-Technik usw. Zum ‚Stil‘ der Arbeiten gehört, daß sie ihre materielle Seite nicht nur offenlegen, sondern oft ein wenig gebastelt erscheinen. Nauman insistiert auf der Theatralität seiner Werke: Die Erfahrung, die wir machen, soll sozusagen unter unseren Augen entstehen. So gleicht auch die Beziehung zwischen werkgebundener Erfahrung und ablösbarem Sinn einer Closed-Circuit-Schleife, die lediglich immer wieder durchlaufen werden kann. Verläßt man Corridor Installation, ist es hingegen außerordentlich schwer, den Inhalt oder die Bedeutung dieser Erfahrung zu bestimmen, d.h. sie in eine verallgemeinerbare Erkenntnis – über das Subjekt oder die Welt – umzumünzen. Sie bleibt an die „unbarmherzige Spezifität“ der Werke gebunden. Obschon Naumans Kunst keinen Zweifel daran läßt, daß sie aufs Ganze geht, bleibt dieses Ganze – der versammelnde Sinn, die Totale der Wahrheit – ungreifbar. Eher verhält es sich umgekehrt. Man wird von der Arbeit ‚ergriffen‘, und die ‚Erkenntnis‘ ist zuvörderst physischer Natur: ein „Loch“, in das man tritt, eine „Klippe“, über die man stolpert – oder ein „Schlag ins Genick“: „Ich habe von Anfang an versucht“, sagt Nauman, „Kunst zu machen […], die sofort voll da war. Wie ein […] Schlag ins Genick. Man sieht den Schlag nicht kommen, er haut einen einfach um.“

Die in mehrfacher Hinsicht ’spaltende‘ Erfahrung von Corridor Installation, welche die Verstehensvollzüge auseinanderlaufen läßt, offenbart das Prozessieren der Subjektivität selbst – sofern man Subjektivität als Medium versteht, das, um seine Vermittlungsleistung zu erbringen, die Spaltung gerade voraussetzt. Die Kunst, die Nauman als „die eigentliche Tätigkeit“ versteht, wäre also darin ‚eigentlich‘, daß sie die Kräfte und Vollzüge der Subjektivität, die dem Bewußtsein vorausgehen und in einem funktionalen Sinn unbewußt sind, Form gewinnen läßt. Der spezifisch Naumansche Zusatz dazu besteht allerdings in der Nachdrücklichkeit, mit der er vorführt, daß die Struktur der Subjektivität zwar nicht transzendiert, weder in Sinn noch in Wissen überführt werden kann, man aber immerhin mit ihr ’spielen‘ kann. Als man Nauman fragte, für wen seine Kunst sei, antwortete er: „Sie hält mich beschäftigt.“

Kapitel I: Einleitung
Kapitel II: Eugène Delacroix
Kapitel III: Lucio Fontana
Punkt Kapitel IV: Bruce Nauman
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